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"Zehn Jahre Landkreis Meißen - eine Erfolgsgeschichte, die wir als CDU maßgeblich mitgestaltet haben"

von Dr. Ulrich Reusch Kreisvorsitzender der CDU

Kommunale Gebietsreformen an sich und auch in Sachsen werden mit zeitlichem Abstand zunehmend kritisch gesehen und kontrovers diskutiert, die Kreisgebietsreform in Mecklenburg-Vorpommern sogar mit dem Aufstieg der AfD in Verbindung gebracht. Und jüngere Untersuchungen des ifo-Instituts kamen sogar zu dem Schluss, dass kommunale Gebietsreformen nicht nur einen Verlust an Bürgernähe bedeuten (können), sondern unter dem Strich auch wenig bis nichts bringen. Dabei wird häufig auch auf den nach wie vor viel kleinteiliger organisierten, aber deswegen keineswegs minder erfolgreich aufgestellten Freistaat Bayern verwiesen – gewissermaßen als schlagender Gegenbeweis.

Vorauszuschicken ist, dass zunächst gemeindliche und Kreis-Gebietsreformen zu unterscheiden sind. Gemeindegebietsreformen greifen viel stärker in lokale Identitäten ein und sind daher gravierender, womöglich folgenschwerer, wenn sie nicht einvernehmlich erfolgen. Das grundgesetzlich garantierte Recht auf kommunale Selbstverwaltung konkretisiert sich zunächst einmal in der Gemeinde, während der Kreis oder Landkreis als (auch) Gemeindeverband für die Einwohner nicht ganz so unmittelbar erfahrbar ist. Dennoch, das belegen z. B. die Kontroversen um die erste sächsische Kreisgebietsreform 1994, Stichwort: Dresden-Land, muss der Gesetzgeber auch bei Kreisgebietsreformen eine sorgfältige Abwägung zwischen dem Recht auf Selbstverwaltung und Effektivitätsgesichtspunkten vornehmen. Auch hier spielt die Frage der Freiwilligkeit eine wichtige Rolle. Demgegenüber betonen staatliche Planer übergeordnete Erwägungen, die von der Formulierung eines Leitbildes ausgehend letztlich auf die kommunale Ebene herunter dekliniert werden. Top down gegen buttom up.

In der Tat kann man über Sinn und Zweck von Kreisgebietsreformen unterschiedlicher Auffassung sein, und die oben genannte generelle Kritik ist auch nicht (ganz) von der Hand zu weisen. Daher lohnt es sich, Ziele, Abläufe und Ergebnisse von Gebietsreformen selbst in ein und demselben Bundesland differenziert zu betrachten. Was unseren 2008 neu gebildeten Landkreis betrifft, wage ich daher die These, dass diese Kreisfusion eine Erfolgsgeschichte war und ist, weil zunächst die kommunal Verantwortlichen und dann die Bevölkerung mitgenommen wurden. Das dies nicht flächendeckend in Sachsen gelang, sei eingeräumt, aber in unserer Region waren die Voraussetzungen dafür gegeben und lassen sich in drei Punkten zusammenfassen.

Die Kreisgebietsreform 2008 war, erstens, auch eine Funktionalreform, die der kreiskommunalen Ebene einen Zuwachs von Zuständigkeiten eröffnete. Sie wurde, zweitens, ausnahmslos als Fusion von Kreisen, nicht als Neuzuschnitt von Kreisen durchgeführt. Und sie bot, drittens, den Akteuren vor Ort Gestaltungsmöglichkeiten. Bei uns kam hinzu, dass der vorgesehene neue Landkreis sich strukturgeographisch und auch historisch durchaus einräumig darstellte, in beiden Altkreisen ländliche Gebiete und urbane Zentren ausgewogen umfasste und schließlich mit vier großen Kreisstädten eine erfreuliche Parität aufwies.

Die Kreisgebietsreform sah keine Freiwilligkeitsphase vor, gleichwohl gab es bei uns die Chance zu einer „Vor-Phase“, die vor allem durch uns, die Union, beherzt und couragiert genutzt wurde.

Noch vor den Landkreisen vereinigten sich die beiden CDU-Kreisverbände. Noch vor der Kreisreform fusionierten die beiden Kreissparkassen und wurden die Weichen für einen neuen Klinikverbund der vier Kreiskrankenhäuser zur späteren Elblandkliniken-Gruppe gestellt – alles unter der Ägide der CDU und im engen Zusammenwirken der Landräte, Arndt Steinbach für Meißen und Rainer Kutschke für Riesa-Großenhain.

So wurde unsere Kreisreform unter der Führung der CDU vorausschauend und partnerschaftlich durch eine Vereinbarung der beiden Alt-Landkreise vorbereitet, flankiert und über acht Jahre – abrechenbar – begleitet. Anders gesagt: Wir als CDU haben die Kreisfusion engagiert und aufgrund unseres kreisübergreifenden Netzwerks als Union mitgestaltet, wir haben aus der Vorgabe des Gesetzgebers nicht nur das (relativ) Beste für uns gemacht, sondern in vielen Bereichen eine (beiderseitige und dauerhafte) win-win-Situation gestaltet. Und ich wage die Behauptung: Keine andere Partei und schon gar nicht Akteure unterschiedlicher politischer Couleur hätten ähnlich gute Ergebnisse für die Bürgerinnen und Bürger erreichen können. Auch hierin kann man einen Beleg für die Bindekraft, ja für die Notwendigkeit einer Volkspartei wie der CDU sehen.

Mit anderen Worten: Wir haben nicht nur die verantwortlichen Kommunalpolitiker, sondern über diese auch die Bevölkerung in dem Prozess mitgenommen, also Akzeptanz für ein zunächst unbeliebtes, jedenfalls mit Skepsis betrachtetes, aber in mancherlei Hinsicht notwendiges Unternehmen hergestellt.

Über die bereits genannten zentralen Aufgaben Sparkasse und Kliniken hinaus gelang die Fusion, also eine win-win-Situation auch bei den sozialen Aufgabenträgern Meisop gGmbH und Wohnheim Heidehäuser für Schwerstbehinderte, Musikschule, neue Elbland-Philharmonie und Landesbühnen Sachsen sowie bei der Volkshochschule und dem Kreissportbund als wichtigen Zuwendungsempfängern und nicht zuletzt in der Landkreis- oder Kernverwaltung selbst, die im fairen Ausgleich partnerschaftlich neu und in der Folge effektiver aufgestellt wurde. Bei der Begleitung der verschiedenen Fusionen ließ man sich vom best practice-Modell leiten, so dass es im Grunde nur Gewinner gab.

Im Rahmen der Funktionalreform wurden vom Freistaat rund 3.000 Bedienstete mit ihren Aufgaben auf die Kommunen übergeleitet, rund 300 in den Landkreis Meißen. Dadurch wurde vor allem auch mehr Bürgernähe erreicht.

Zehn Jahre nach der Kreisfusion hat sich dieser neue Landkreis Meißen nicht nur „gefunden“; wenn es ihn nicht gäbe, müsste er jetzt „erfunden“ werden. Er ist selbstverständliche und akzeptierte Wirklichkeit geworden, niemand käme auf die Idee, diesen Landkreis infrage zu stellen. Ein Erfolgsmodell – können wir mir Recht und Stolz feststellen. Damit das so bleibt, wollen wir auch die Kreistagswahlen 2019 gewinnen.

Landräte Steinbach und Kutschke beim Anradeln im Zeichen der Landkreisneugründung vor 10 Jahren